Der Eingemeindungsvertag 

Zwischen

der Stadt Rüsselsheim, vertreten durch den Magistrat, dieser vertreten durch Bürgermeister Dr. Walter Köbel und Stadtrat Karl Müller,

und

der Gemeinde Königstädten, vertreten durch den 1. Beigeordneten Herrn Wilhelm Dammel un d den Beigeordneten Albin Benedikt, wird nach Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung von Rüsselsheim vom 24. März 1955 und der Gemeindevertretung von Königstädten vom 1.März 1955 nachstehender 

Vertrag 

abgeschlossen: 

§ 1 

Die Gemeinde Königstädten gliedert sich in die Stadt Rüsselsheim zu einer unter einer Verwaltung stehenden Stadtgemeinde ein. 

Die Eingliederung bezieht sich auf alle zu den der Stadt und der Gemeinde gehörigen Gemarkungen, das Vermögen und die Schulden. Alle Einwohner der seitherigen Gemeinde Königstädten werden hinsichtlich aller Rechte und Pflichten mit den Einwohnern der Stadt Rüsselsheim gleichgestellt. 

Die seitherige Gemeinde Königstädten erhält nach der Eingemeindung die Bezeichnung „Rüsselsheim-Königstädten“. 

§ 2

a)      In Rüsselsheim-Königstädten werden entsprechend den örtlichen Erfordernissen Amts- und Zahlstunden abgehalten.

b)      Die Stadtverwaltung  Rüsselsheim übernimmt alle Bediensteten der seitherigen Gemeinde Königstädten zu den gleichen Bedingungen, unter denen sie bisher beschäftigt waren.

c)      In der seitherigen Gemeinde Königstädten wird eine örtliche Verwaltung belassen, die die laufenden Verwaltungsgeschäfte erledigt. Königstädten bleibt selbständiger Ortsgerichtsbezirk, wobei die Mitglieder des Ortsgerichtes aus dem Ortsteil Königstädten gewählt werden. Die standesamtlichen Geschäfte für den Ortsteil Königstädten werden in Königstädten selbst wahrgenommen.

d)      Für die bisherige Gemeinde Königstädten bildet die seitherige Gemeindevertretung bis zu den Neuwahlen im Oktober 1956 einen Ortsbeirat, dessen Rechte sich nach § 82 – Abs.2 – der Hess. Gemeindeordnung bestimmen.

Nach den Neuwahlen wird bei der Stadt Rüsselsheim eine Kommission für den Ortsteil Königstädten gebildet, der außer drei Mitgliedern des  Magistrats sechs Bürger des Ortsteiles Königstädten angehören, die nach Möglichkeit aus verschiedenen Berufsständen sein sollen. 

§ 3 

a)      Die Erschließung von Baugelände erfolgt in Zusammenarbeit zwischen der Stadt Rüsselsheim, dem Landwirtschaftsamt, dem Ortslandwirt und dem Vorsitzenden des Bauernverbandes.

b)      Bei der Erschließung von Baugelände wird auf die Belange der Königstädter Landwirte weitgehendst Rücksicht genommen. Falls durch die Inanspruchnahne von Baugelände Ackerland in Wegfall kommt, sollen die Landwirte nach Möglichkeit durch Zuweisung von Ersatzland entschädigt werden, soweit sie einen dahingehenden Wunsch äußern.

c)      Der Ortslandwirt sowie der Bauernverbandvorsitzende sind Landwirte aus der bisherigen Gemeinde Königstädten.

d)      Bei Verpachtungen von landwirtschaftlichem Gelände im Gebiet der seitherigen Gemarkung Königstädten, ist  dieses erst Königstädter Bürgern oder Landwirten anzubieten.
Bei Verkäufen ist das Ackergelände zuerst den Königstädter Landwirten zum Kauf anzubieten.

e)      In Feldbereinigungssachen sollen die beteiligten Grundstückseigentümer entscheiden.

 § 4 

Für den Stadtteil Rüsselsheim-Königstädten sind folgende Maßnahmen innerhalb von 5 Jahren vorgesehen: 

a)      Die bereits bestehende Kanalisation von Königstädten wird an die Kläranlage der Stadt Rüsselsheim angeschlossen oder es wird eine eigene Kläranlage erbaut.
Die Gesamtkanalisation wird mit dem Ziel vorangetrieben, dass alle Grundstücke einen Anschluß erhalten können. Härten werden dabei tunlichst vermieden.

b)      Rüsselsheim bemüht sich, sobald als planerisch und technisch möglich, mit dem Bau einer Wasserleitung nach Königstädten zu beginnen und die innerhalb von 5 Jahren zu erstellen.
Es wird angestrebt, alle Grundstücke an diese Wasserleitung anzuschließen und dafür die technischen Voraussetzungen zu schaffen.
In den Fällen, in denen eigene Wasserversorgungsanlagen vorhanden sind, wird eine einvernehmliche Lösung zur Vermeidung von Härtefällen angestrebt. Die Anschlussfrist in diesen Fällen wird innerhalb von 10 Jahren festgesetzt.

c)      Die Stadt Rüsselsheim sieht es als Ziel an, dass die Bevölkerung von Königstädten mit Stadtgas zu den gleichen Bedingungen wie die Bürgerschaft von Rüsselsheim versorgt wird.

d)      Das Straßennetz wird nach der Verlegung der verschiedenen Versorgungsleitungen in einen Zustand versetzt, der dem Straßennetz der Stadt Rüsselsheim entspricht.
Als vordringlichstes Ziel ist eine Umgehungsstraße zu verplanen.

e)      Der städt. Omnibusbetrieb wird sofort nach der Eingemeindung in kurzen Zeitabständen die Strecke Rüsselsheim – Königstädten befahren. Im Berufsverkehr sind ausreichend Omnibusse einzulegen.

f)        Die Stadt Rüsselsheim wird den Stadtteil Königstädten innerhalb ihres Haushaltsplanes allgemein so berücksichtigen, dass der Königstädter Bürger dem Rüsselsheimer gleichgestellt ist.

Insbesondere wird die Ortsverschönerung nach Rüsselsheimer Vorbild durchgeführt. Die Ausstattung der Schule und der Feuerwehr, sowie die Durchführung des Wohnungsbaues erfolgt in dem gleichen Rahmen, in dem diese Maßnahmen in Rüsselsheim selbst vorangebracht werden.

Die Finanzierungs- und Bauunterlagen für noch nicht fertiggestellte Bauvorhaben werden sofort nach der Eingemeindung überprüft. Entsprechend ihrer seitherigen Erfahrung wird sich die Stadt Rüsselsheim bemühen, diese Bauvorhaben baldmöglichst fertigzustellen.

g)      Die Vatertierhaltung bleibt in der seitherigen Weise und dem erforderlichen Umfange nach in dem Stadtteil Königstädten bestehen. Es ist den Bestrebungen des Landesverbandes der Rinderzüchter Rechnung zu tragen. Den Ankauf von Vatertieren übernimmt die Faselkommission, die aus Landwirten des Stadtteiles Königstädten gebildet ist.

h)      Die in der seitherigen Gemeinde Königstädten bestehende Jagdgenossenschaft bleibt in dem bisherigen Umfange bestehen.

i)        Die Gemeindewaage in dem Stadtteil Königstädten ist zu erhalten und im Bedarfsfalle zu erneuern.

j)        Die bereits bestehenden Sonderrechte, Spruckrecht, Weiderecht, Viehhut usw. bleiben in dem Domanialwald für die bisherige Gemeinde Königstädten bestehen. 

§ 5

 Bei der Durchführung des Vertrages gehen die Vertragsschließenden davon aus, dass alle gemeinsamen Maßnahmen im Geiste gegenseitigen Vertrauens in Angriff genommen werden. Die Stadt Rüsselsheim wird die Königstädter gewachsene Tradition achten und die Eigenständigkeit der Königstädter Bürgerschaft bewahren. Die Aufrechterhaltung des Friedhofes im Stadtteil Königstädten wird zugesichert. 

§ 6 

Die in diesem Vertrag genannten Bedingungen sind von den Vertragsschließenden einzuhalten, es sei denn, dass ein Fall höherer Gewalt eintritt. Tritt ein Fall höherer Gewalt ein, so sind die Vertragsbestimmungen, die noch nicht durchgeführt wurden, nach Normalisierung der Verhältnisse zu verwirklichen. 

§ 7 

Dieser Vertrag tritt mit dem Tag in Kraft, an dem die Landesregierung gemäß § 17 – Abs.2 – HGO die Rechtwirksamkeit bestimmt. 

Rüsselsheim, den 1. April 1955 

Für die Stadt Rüsselsheim:

Bürgermeister Dr.W.Köbel
Stadtrat Müller 

Für die Gemeinde Könistadten:

Beigeordneter Dammel
Beigeordneter Benedikt

Hier erfahren Sie mehr aus der Königstädter Geschichte.

Felix Weilbächer: Kurze Einblicke in die Geschichte des Dorfes Königstädten

E. E. Metzner: Das alemannische Königstädten

Einsiedel, Walter, Weilbächer: Die Bombennacht 1944

E. E. Metzner: Gerichtsstätte Haselberg

Weilbächer: Wie in Königstädten Kerb gefeiert wurde ... und wird.

J. Hubbert und Stefan Loew: Die beiden endpaläolitischen Lagerplätze 122A und 122B

Walter, Weilbächer: Fachwerkhäuser

Neuerscheinung: Weilbächer, Walther, Einsiedel: Von der Eiszeit bis zur Neuzeit

Der Text des Eingemeindungsvertrages

4 Bücher zur Königstädter Geschichte von
Weilbächer - Walter - Einsiedel
 
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